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Frankfurter Rundschau, Samstag, 14. Mai 2005

 

Verschwiegene Behinderung ist kein Kündigungsgrund


Bei Ablehnung eines Bewerbers muss der Arbeitgeber womöglich belegen, dass er einen sachlichen Grund hatte
 
Die aktuelle Frage zum Arbeitsrecht kommt von Peer L.: "Wenn ich beim Vorstellungsgespräch nicht gefragt werde, ob ich schwerbehindert bin und es auch nicht von mir aus erwähne, ist das dann - wenn es später festgestellt wird - ein Kündigungsgrund?"
 
Die Antwort gibt Rechtsanwalt Harald Hotze:

 
Grundsätzlich ist bei dieser Frage zwischen Körperbehinderung und Schwerbehinderteneigenschaft zu unterscheiden. Hinsichtlich der Körperbehinderung steht dem Arbeitgeber nur insoweit ein Fragerecht zu, als die Frage auf eine durch die Körperbehinderung mögliche Beeinträchtigung der zu verrichtenden Arbeit gerichtet ist.
 
Die Frage nach der Schwerbehinderteneigenschaft ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum Schwerbehindertenrecht zulässig und deren Falschbeantwortung führt zu einem Anfechtungsrecht des Arbeitgebers nach § 123 Abs. 1 BGB.
 
Der Arbeitgeber habe ein berechtigtes Interesse daran zu wissen, ob der Arbeitnehmer als schwerbehinderter Mensch anerkannt ist, da sich daran für den Arbeitgeber während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses zahlreiche gesetzliche Pflichten knüpfen.
 
Diese Rechtsansicht ist nun nicht mehr haltbar, da es nicht Sinn und Zweck des Schwerbehindertengesetzes sei, die Einstellung eins schwerbehinderten Menschen abzulehnen, um den Belastungen des Gesetzes zu entgehen. Es ist jetzt mehr als fraglich, ob diese Rechtsprechung nach der Änderung im Bereich des Schwerbehindertenrechts seit Mitte 2001 aufrechterhalten werden kann. In § 81 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX ist als arbeitsrechtlicher Grundsatz eingeführt worden, dass Arbeitgeber schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen dürfen. Damit ist ein rechtliches Diskriminierungsverbot eingeführt worden, das sich eindeutig an das bereits in § 611 a BGB normierte Verbot geschlechtsbezogener Benachteiligung anlehnt. Die Rechtsprechung des BAG kann somit wohl nicht mehr damit begründet werden, dass ein solches Diskriminierungsverbot bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen mit Behinderten fehle.
 
Neue Rechtslage
 
Zudem wurde durch die Änderung des Schwerbehindertenrechts durch das SGB IX auch ein Schadensersatzanspruch für den Behinderten als Sanktionsnorm bei einer Diskriminierung eingeführt. Gemäß § 81 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX kann ein schwerbehinderter Bewerber eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, wenn der Arbeitgeber bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses gegen das in § 81 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX normierte Benachteiligungsverbot verstößt.
 
Somit führt nach neuer Rechtslage das Schweigen des Arbeitnehmers hinsichtlich seiner Schwerbehinderung nicht zu einem möglichen späteren Anfechtungsgrund des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber.
 
Fragt der Arbeitgeber nach der Schwerbehinderteneigenschaft, so riskiert er, dass er zu einer Entschädigungszahlung verurteilt wird, wenn er nicht den Gegenbeweis führen kann, dass die Ablehnung des Bewerbers tatsächlich auf sachlichen Gründen beruht.
 
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